Wassersituation

September 2019 Erlebnisbericht von Laura Juschkewitz Wasser. Was für ein Thema. Wir alle brauchen es, um zu überleben. Aber wofür brauchen wir wirklich Wasser? Wir

September 2019

Erlebnisbericht von Laura Juschkewitz

Wasser. Was für ein Thema. Wir alle brauchen es, um zu überleben. Aber wofür brauchen wir wirklich Wasser? Wir brauchen Wasser zum Trinken, zum Kochen, zum Waschen für uns selbst, zum Waschen für Essen und Kleidung. Mir wurde erst richtig bewusst, wie viel Wasser ich verbrauche als ich nicht mehr einfach den Wasserhahn aufdrehen oder die Toilettenspülung betätigen konnte.

In Deutschland stehe ich auf, gehe auf die Toilette, wasche mir die Hände, setzte Wasser für Tee oder Kaffee auf, bereite Frühstück vor und wasche mir dabei meistens nochmal die Hände, anschließend dusche ich. Während ich mich also morgens auf meine Arbeit vorbereite, habe ich bis zu diesem Punkt schon mindestens fünfmal Wasser für verschiedene, für mich ganz banale Dinge genutzt. Aber wieviel Wasser nutze ich am Tag? Ich habe keine Ahnung, weißt du es? Wie sieht dein Morgen aus?

In Tansania wurde ich schon morgens von Ziegen und Hühnern geweckt, die geräuschvoll nach Wasser gesucht haben, auch um mein Zelt herum. Für die Massai sind ihre Tiere ihr wichtigstes Gut. Es ist ihr Einkommen, die Versorgung für sich und ihre Familie. Wasser ist für die Versorgung der Tiere also unbedingt notwendig.

Ich habe zwei Monate in einem Zelt zwischen den Massai gelebt. Das Dorf am Ruvu Fluss hat einen Verein namens MAPED. Die Mitglieder sind Massai, die bereit sind, ihre Traditionen zu überdenken und zu hinterfragen. Das ist nicht selbstverständlich. Sie möchten Bildung und Perspektiven für ihr Volk erreichen und haben dafür eine Schule aufgebaut. Mein Zeltlager war zwischen der provisorischen Schulküche und den Schulgebäuden aufgeschlagen. Das Wasser für die Schule wird mit einem Auto gebracht. Das Auto fährt zum Ruvu (ca. 2,5 Kilometer entfernt) und dann zur Schule. Dort gibt es ein Betonbehältnis, welches zur Hälfte unter der Erde liegt. Dort wird das Wasser eingefüllt. Nun denke nicht, dass es sich um schön kristallklares Wasser von bergischen Quellen handelt. Das Wasser ist eine braune Brühe und da es hier keine Alternative gibt, trinken die Menschen das Wasser auch so. Gesund kann das nicht sein, denkst du. Da hast du recht, es ist sehr ungesund für die Menschen hier.

In den zwei Monaten, in denen ich hier war, war gerade Trockenzeit. Für die Menschen hier ist das der Winter, für mich war es ein sehr heißer Sommer. Es hat dreimal geregnet. Also muss man das Wasser von irgendwo anders herbekommen. Der Ruvu Fluss versorgt die Menschen in der ganzen Umgebung mit Wasser. Doch er beinhaltet nicht nur Fische, sondern auch einige Krokodile. Vor allem für Kinder ist die Wasserbesorgung daher auch ein gefährliches Unterfangen.

Die Schule benötigt natürlich auch viel Wasser. 121 Schüler müssen in der Mittagszeit versorgt werden. Nicht nur Trinkwasser, sondern auch für das Mittagessen, also für Ugali (Maisbrei) und Bohnen, wird Wasser benötigt. Außerdem wohnen die Lehrer auf dem Schulgelände, da ihre Wohnorte zu weit von der Schule entfernt sind. Für die Lehrer (8 Lehrer) und teilweise ihre Familien (zwei Leben mit ihren Familien hier) wird also auch Wasser zum Leben benötigt. Insgesamt werden ungefähr 4000 Liter Wasser pro Woche benötigt. Im Monat bezahlt die Schule 200 000 Schilling für die Wasserversorgung. Ein Auto kommt viermal die Woche und liefert jeweils 1000 Liter Wasser. Wasser ist immer knapp. Wenn das Auto kaputt geht, werden die Frauen aus der Umgebung gefagt, ob sie Wasser holen können. Falls vorhanden erhalten die Frauen ein paar Esel zur Unterstützung. Die Eimer werden 2.5 km vom Fluss zur Schule getragen. Wenn keine Frauen in der Umgebung sind, die Wasser holen könnten, fällt die Schule aus und die Kinder müssen ohne eine Mahlzeit den Weg zurück gehen. Meistens bekommen sie dann kein Essen zu Hause. Die Eltern können nicht über den Unterrichtsausfall infomiert werden und können dadurch keine zusätzliche Mahlzeit zubereiten.

Ich habe hier erlebt, was es bedeutet, wenn kein Geld für Wasser da ist. Erst gibt es kein Wasser mehr für die Toiletten, dann habe ich eingeschränkt gewaschen. Erst meine Kleidung, später dann sich selbst und dann konnten wir auch das Geschirr nicht mehr abwaschen. Denn das wenige Wasser, wird zum Kochen benötigt. In Deutschland erleben wir das sehr selten und ich überlege, ob ich mir jemals die Frage gestellt habe: Ist das Händewaschen und die Dusche jetzt wirklich nötig?

Die Menschen hier wissen um die Probleme mit dem Wasser. Sie machen sich Gedanken um ihre Kinder und ihre Gesundheit. Mr. Maliaki, einer der Gründer von MAPED, sagte mir, dass sie von Anfang an wussten, dass es hart werden wird, dort eine Schule zu bauen und vorallem zu halten. Es ist sehr hart und immer wieder stehen sie vor neuen Herausforderungen. Es hätte viele Standorte gegeben, wo eine Schuleröffnung einfacher gewesen wäre. Aber dort wird eine Schule benötigt. Die Kinder brauchen eine Schule. Die Gemeinschaft braucht Bildung.

Ich denke, das sagt alles.

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